Einige Handwerker hegen die Hoffnung auf einen quasi Arbeitsleitfaden für alle Fälle, der das selbstständige Denken auf der Baustelle komplett erübrigt. Andere wünschen sich einen „Freibrief“ für alle Fehltritte. Und da sind noch die innovativen Fachbetriebe, die sich praxisgerechte Lösungen erhoffen, um sich vor Nacharbeiten zu schützen und das richtige Heizungswasser als Qualitätsmerkmal einer gut funktionierenden Heizanlage vermarkten wollen. Ob die neue VDI 2035 sich als großer Wurf entpuppt, die Erwartungen erfüllt oder gar übertrifft, ist hier zusammengefasst…

Das Wesen der VDI 2035

Die Heizungswasser-Richtlinie VDI 2035 ist nicht neu, sie existiert bereits seit den 1970er-Jahren, wurde jedoch lange Zeit kaum beachtet. In der Richtlinie VDI fließen wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungswerte aus diversen anderen branchenübergreifenden Normen und Richtlinien zum Thema Steinbildung und Korrosion ein. Die VDI 2035 ist somit eine selektive Zusammenfassung aus verschiedenen anderen DIN EN Normen, Richtlinien und Erkenntnissen, um diese dem SHK-Fachhandwerk als Orientierungshilfe für die tägliche Praxis an die Hand zu geben. Sie ist kein Gesetz oder Verordnung!

Im Jahr 2005:
Kleine Änderungen – große Wirkung

Im Jahr 2005 wurde nach längerer Zeit die VDI 2035 überarbeitet und der Richtwert für die Befüllung von Heizanlagen mit kalkfreiem Wasser, abhängig von der Wärmeerzeugerleistung von 100 kW auf 50 kW herabgesetzt. Bei Umlauferwärmern wurde der Wert sogar abhängig vom Umlaufvolumen (<3l/kW) auf <50 kW herunter gesetzt.

Damals gab es einen großen Aufschrei seitens des ZVSHK, der die Befüllung der meisten Anlagen mit enthärtetem Wasser für die Fachhandwerker als Zumutung kritisierte. Heute ist scheinbar alles möglich, denn der deutlich höhere Aufwand auf Seiten der Handwerker für VE-Wasser, ohne erkennbaren Mehrwert, wird lautlos hingenommen.

Herstelleranforderungen liegen z.T. über der VDI 2035

In den vergangenen 15 Jahren entfernten sich Dichtung und Wahrheit zur VDI 2035 im Markt immer weiter auseinander. Einige Hersteller von Wärmeerzeugern (insbesondere mit Alu-Wärmetauschern)entwickelten häufig ganz eigene Hausrichtlinien, bis sie für ihre Produkte passend erschienen, nahmen aber Bezug auf die VDI 2035. Im Ergebnis lagen die Herstelleranforderungen häufig deutlich über denen der Richtlinie VDI 2035. Die meisten Wasseraufbereiter nahmen diese Herstelleranforderungen dankend als Verkaufsargument für den Absatz komplexer VE-Wasseraufbereitungsanlagen auf.

Verunsicherung im Fachhandwerk

Während viele Hersteller bzw. deren Produkte mit dem klassisch enthärteten Wasser gut zurechtkommen, fordern einige andere Hersteller die Befüllung mit VE-Wasser. Die Richtwerte für salzarme Fahrweise sind laut VDI 2035 klar definiert, doch was ist, wenn sich die Werte mit der Zeit verändern und den Richtwert von 100 µS/cm übersteigen? Diese Antwort bleibt die VDI 2035 aktuell schuldig. Trotz bestem Bemühen um Erfüllung der Anforderungen für VE-Wasser, passt das Wasser den Herstellern häufig am Ende nicht und der Handwerker steht ratlos daneben. Dass Hersteller für ihre Produkte Anforderungen stellen, ist eine Sache, doch schlussendlich verantwortet der Fachhandwerker die Gesamtanlage und kann chemische Zusammenhänge und deren Auswirkungen auf alle Anlagenteile aufgrund dieser Anforderungen gar nicht abschätzen.

Die neue VDI 2035 liefert
Lösungen und Kompromisse

Neu und positiv ist, dass sich der ZVSHK als Interessensvertreter des Fachhandwerks proaktiv an der Richtlinienoptimierung beteiligt hat und dadurch die „Dichtungsspielräume“ möglicherweise deutlich verkleinert wurden. Der achtzehnköpfige Arbeitskreis VDI 2035 setzt sich aus vielen Vertretern der Industrie und institutionell beschäftigten bzw. forschenden Wissenschaftlern zusammen. Naturgemäß verfolgt jeder Herstellervertreter zunächst seine Unternehmensinteressen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Herstellerinteressen münden dann wie so oft in einem Kompromiß.

Der große Wurf, den sich einige Fachhandwerker in Form eines praxisgerechten Leitfadens oder gar Arbeitsanweisung erwartet hätten, ist es am Ende zwar nicht, das ist jedoch auch nicht das Ziel und der Zweck der Richtlinie VDI 2035. Vielmehr soll sie eine Orientierungshilfe zur Vermeidung von Steinbildung und Korrosion sein. Diese beiden zuvor getrennten Themen sind jetzt zusammengefasst worden. Die Anzahl der Tabellen mit Richtwerten beschränkt sich auf Tabelle 1. Hier finden sich wie bisher die Richtwerte für die Leitfähigkeit bei der salzhaltigen Fahrweise mittels Enthärtung und der salzarmen Fahrweise mittels Entsalzung. Das heißt, es wird hier nochmals deutlich herausgestellt, dass zum Befüllen von Heizkreisläufen die seit 70 Jahren zur Vermeidung von Steinbildung bewährte Enthärtung als auch die im Zusammenhang mit Aluminium eingeführte Entsalzung, empfohlen werden. Interessant ist der deutliche Hinweis auf das „Aussehen des Heizungswassers“, welches laut VDI 2035 klar und frei von sedimentierenden Elementen sein soll!

Verfahrensvergleich salzhaltig oder salzfrei

Fahrweisesalzhaltigsalzfrei / salzarm
EntferntWasserhärte (Ca+, Mg+) (vollenthärtet)Alle gelösten Salze (vollentsalzt)
Regeneration des GerätesIntern mit Salzsole in der eigenen WerkstattExtern mit Salzsäure und Natronlauge oder Entsorgung
KonditionierungJaJa
Nachspeisung von HeizungswasserIn geringen Mengen mit hartem Trinkwasser möglichNur vollentsalztes Wasser
ÜberwachungWünschenswertErforderlich
~ Kosten / 1000 Literca. 5 €300 – 400 €
FolgekostenGering (Salz)Hoch (Dienstleistung, Logistik….)

Verpasste Chancen beim Aluminium

Bedauerlicher Weise wurde das Thema Aluminium wieder nicht konsequent angegangen. Stattdessen wurde ohne substantielle Begründung der Stabilitäts-Grenzbereich von pH 8,5 auf pH 9 angehoben, obgleich der Stabilitätsbereich für AlSiMg bei pH < 8,5 liegt und der Stabilitätsbereich aller anderen Heizungswerkstoffe bei 8,5 – 9,5 liegt. Hier spielt natürlich die Legierungsqualität des AlSiMg eine entscheidende Rolle. Die Alu-Legierungen müssten mit entsprechenden Werkstoffkenn-Nummern in entsprechende Qualitäts- und Stabilitätsklassen eingestuft werden, wie dies bei allen anderen Heizungswerkstoffen der Fall ist. Zumal diese Kennzeichnungen für eine Schadensbeurteilung wesentlich wären und dem verarbeitendem Fachhandwerk Sicherheit geben würde. Fast keine Alu-Legierung ist in Mischinstallationen und bei pH-Werten > 8,5 stabil. Konsequenter Weise wäre Alu per Systemtrennung vom Rest der Anlage zu isolieren, um eine stabile Wasserqualität nach VDI 2035 herstellen zu können. Diese Chance wurde leider vertan.

Ohne Korrosionsschutz,
kein Korrosionsschutz

Einen großen Anteil in dem über 40-seitigen Werk nimmt das Thema Korrosion mit seinen verschiedensten Erscheinungen und ebenso vielen Ursachen ein. Kein Wunder, denn in der Praxis hängt der überwiegende Teil an Funktionsstörungen und Schäden mit Korrosion zusammen. Von 100 Anlagen im Bestand, haben ca. 98% braunes Wasser, was für empfindliche Regelungstechnik ein Problem ist. Wie schon in der letzten Auflage der VDI 2035, wird dieses Thema am Schluss irritierender Weise kleingeredet.

Fast schon philosophisch steht hier: „Die Zugabe von Zusätzen ist auf Ausnahmen zu beschränken“. Was im Klartext heißt: Dass die Ausnahme erst erkennbar ist, wenn der Schaden bereits da ist. Wer darauf wartet und hofft, dass keine Korrosion entsteht, ist somit leider erst nach dem Schaden klüger und sagt sich vermutlich dann „hätte ich mal…“! Zudem wird mit der Anforderung an das „Aussehen“ im Grunde die Vorgabe eindeutig nach sauberem, klarem Wasser gestellt, was ohne vorbeugende Behandlung mit Korrosionsschutz praktisch nicht möglich ist. Mit Filtration, rennt man dem Problem nur hinterher und beseitigt nicht die Ursache.

Was ist eigentlich bei
Bestandsanlagen zu tun?

Diese Frage findet in der VDI 2035 leider keine Beachtung, obwohl über 80% der Fachhandwerker im Bestand tätig sind. Zugegeben ist dieses Betätigungsfeld sehr schwer in ein Raster zu fassen, da die Aufgaben und Herausforderungen von Anlage zu Anlage unterschiedlich sein können. Nichts desto trotz gelten schlussendlich für die Übergabe der sanierten Anlagen die gleichen Anforderungen wie bei Neuanlagen. Jeder Fachhandwerker ist daher gut beraten sich frühzeitig mit dem Thema „Heizungswassersanierung“ auseinander zu setzen und konsequent mit einem kompetenten Partner an seiner Seite die Herausforderungen anzunehmen. Schließlich bieten sich auch viele Chancen.

Wer schreibt der bleibt

Zur Komplexität moderner Anlagen gehört heute die umfängliche Dokumentation der Systeme. Diese Dokumentationspflicht wird auch in der VDI 2035 nochmals hervorgehoben und eine Reihe an Vorlagen beispielhaft an die Hand gegeben. Was in der VDI 2035 theoretisch sinnvoll und eingängig erscheint ist jedoch in der Praxis für die Fachhandwerker ein weiteres Aufbauschen der ohnehin schon überflutenden Bürokratie. Idealerweise nutzt der Fachhandwerker eine Zusammenfassung in Form des „Betriebsprotokoll Heizungswasser“, welches mit wenig Aufwand alles dokumentiert.

Die neue VDI 2035 in den wichtigsten Stichpunkten zusammengefasst

  1. Steinbildung und Korrosion wurden zusammengefasst
  2. Zur Vermeidung von Steinbildung wird die Enthärtung, alternativ die Entsalzung empfohlen
  3. Anlagen mit Alu sollen nicht mit vollenthärtetem Wasser (0°dH) befüllt werden, sondern können nach der Sonderrichtlinie für Alu mit teilenthärtetem Wasser mit 7-8°dH befüllt werden oder wer mag befüllt mit entsalztem Wasser.
  4. Der Großteil der Funktionsstörungen und Schäden hängt mit Korrosion zusammen. Das Fachhandwerk darf sich entscheiden: Abwarten und hoffen oder vorbeugen mit Korrosionsschutzbehandlung.
  5. Insbesondere die Anforderung nach klarem, sauberem Wasser, stellt die Schlammabscheidung endgültig aufs Abstellgleis, da dies nur mit der Bypass-Mikrofiltration erreichbar ist.
  6. Auf eine ordentliche Druckhaltung ist stets zu achten.
  7. Das Thema Bestandsanlagen bleibt eine Nische für`s Qualitätshandwerk und deren Problemlöser, wo letztlich die gleichen Anforderungen bei Übergabe der Anlagen gelten wie bei Neuanlagen.
  8. Die Dokumentation der Wasserqualität über reproduzierbare Analyse aus DIN ISO-zertifizierte Messverfahren ist als Nachweis für Garantieansprüche unabdingbar. Dem Kunden ist das „Betriebsprotokoll Heizungswasser“ zu übergeben, der Durchschlag bleibt beim Anlagenbauer.

VDI 2035 ist quasi die Blaupause
für`s Hannemann Konzept

Danach ist das richtige Heizungswasser:

  1. Kalkfrei 
  2. Korrosionsfrei
  3. Sauber und klar

Das könnte Sie auch interessieren

Teile diese Seite mit einem Klick